Tier des Monats September - Pazifische Austern

Einschneidende Veränderungen im Wattenmeer

Als um das Jahr 1900 herum die Bestände der Europäischen Auster infolge massiver Überfischung zusammen brachen, begann eine hektische Suche nach Ersatz. Austernarten von überall auf der Welt wurden nach Europa gebracht, um zu testen, ob sie sich unter den Bedingungen des Wattenmeeres kultivieren ließen. Diese Bemühungen blieben ohne Erfolg bei den Austern, nur Pantoffelschnecke und Amerikanische Bohrmuschel wurden eingeschleppt. In Westeuropa jedoch etablierte sich die Pazifikauster (Crassostrea gigas) als gut wachsendes Nutztier in der Austernzucht. In den 1970er Jahren besiedelte die Art die Oosterschelde in den Niederlanden, wo durch sehr sorglose Importe von Schalentieren ein bunter Zoo von internationalen Mollusken entstand. Deutsche Fischereiforscher probierten damals inoffiziell, die Pazifikauster auch im Wattenmeer als Nutztier anzusiedeln, aber die Versuche misslangen weiterhin. 1985 erhielt die Firma Dittmeyer die Genehmigung, im Wattenmeer östlich von Sylt eine Austernzucht nach französischem Vorbild anzulegen. Aus Irland importierte Jungaustern werden dort seither in großen Netzsäcken auf niedrigen Metallbänken im Watt ausgebracht, wo sie über zwei Jahre zu Speisegröße heran wachsen. Die Behauptung, dass die Pazifikauster sich nicht im Wattenmeer würde ausbreiten können, da sie erst ab 22°C Wassertemperatur geschlechtsreif wird, erwies sich bald als unzutreffend. Es gibt im flachen Wattenmeer durchaus warme Phasen im Sommer, in denen diese Temperatur erreicht wird. So konnte die Pazifikauster von Sylt und aus der Oosterschelde kommend das Wattenmeer erobern. Die Auster siedelt sich gerne auf Miesmuschelbänken an und ist Platz- und Nahrungskonkurrent der Miesmuschel. Leider können unsere Vögel, Krebse und Seesterne die Austern nicht nutzen, so dass das Ökosystem Muschelbank einschneidend verändert ist. Zudem treten pro Jahr Tausende von Wattwanderern und Badegästen auf die scharfkantigen Austern im Wattboden, was ebenfalls einschneidend wirkt. Die Pazifikauster ist damit die erste eingeschleppte Art, die das Wattenmeer ökologisch und ökonomisch negativ verändert hat - eine Warnung, die Einschleppung von Neobiota besser zu vermeiden.

Funde Pazifischer Austern an bekannten oder neuen Orten kann man im Strandfunde-Internetportal BeachExplorer.org melden und so für wissenschaftliche Auswertungen zugänglich machen. Hier der direkte Link zur Auster.

Mehr zum Nationalpark-Themenjahr "Muscheln & Schnecken" gibt es hier.

Pazifische Austern finden sich inzwischen an vielen Stellen des Wattenmeers.
An den scharfen Kanten der Austern kann man als Wattwanderer ziemlich "einschneidende" Erfahrungen machen.
Die Miesmuschel ist für Eiderenten oder Austernfischern eine wichtige Nahrungsquelle. Die deutlich größere Pazifische Auster nutzt hingegen nur der Mensch.